Bei X-Beinen und O-Beinen (ICD-Code für beide Erkrankungen: Q74.15) handelt es sich um Kniefehlstellungen.
X-Beine werden auch Genu valgum oder Valgus-Stellung genannt. Bei X-Beinen beträgt der Winkel des Unterschenkels zur Körpermitte mehr als 185°. Dieses Phänomen wird auch als Abwinklung bezeichnet.
Bei Personen mit O-Beinen (Genu varum) klaffen die Beine hingegen auf Höhe der Knie weit auseinander. Die Knie berühren sich also auch bei geschlossenen Beinen nicht.
Vergleich X- und O-Beinen mit einer normalen, gesunden Beinstellung © Double Brain / Fotolia
Sowohl X-Beine als auch O-Beine sind nur selten angeboren. Die Fehlstellungen treten meist im Kindesalter auf, und zwar häufig als Folge eines Vitamin-D-Mangels (Rachitis) im Säuglingsalter. Der Körper produziert das notwendige Vitamin D, das für ein gesundes Knochenwachstum nötig ist, selbst. Ein Mangel entsteht etwa aufgrund einer angeborenen Störung oder als Folge von zu wenig Sonnenlicht.
Ohne genügend Vitamin D werden die Knochen nicht hart genug. Sie können das wachsende Gewicht der Betroffenen nicht tragen, sodass im Laufe der Jahre X-Beine oder O-Beine entstehen.
Die Fehlstellungen fallen dann erstmals zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr auf.
Darüber hinaus können X-Beine und O-Beine die Folge eines Knick- oder Senkfußes sein. In diesem Fall nehmen die Füße zu den Knien eine schräge Stellung ein. Die Fehlstellung der Füße bedingt also langfristig eine zusätzliche Fehlstellung der Kniegelenke.
Bei Erwachsenen treten X-Beine und O-Beine fast ausschließlich nach einem Unfall auf. Eine weitere Ursache ist das langjährige Sitzen in einer bestimmten Position. Als typisches Beispiel ist hier der Jockey zu nennen, der durch das häufige Sitzen auf dem Pferd deutlich sichtbare O-Beine entwickelt.
Weitere, jedoch eher seltene Ursachen für die Fehlstellungen der Kniegelenke sind:
- Knochenstoffwechselstörungen (Hypophosphatie)
- Tumore
- Hormonstörungen
- Entzündungen
- Übergewicht
X-Beine und O-Beine gelten gemeinhin vor allem als Schönheitsmakel. Die Betroffenen leiden jedoch auch unter Schmerzen in den Gelenken. Die Schmerzen können sich bei nass-kaltem Wetter oder auch bei einem Wetterumschwung verstärken.
Dazu kommen Haltungsprobleme, die sich negativ auf andere Gelenke (etwa auf das Hüftgelenk) auswirken. Die ungleichmäßige Belastung der Gelenkstrukturen reibt Knorpel, Knochen und Menisken unverhältnismäßig ab. Dadurch steigt das Risiko für Kniegelenksarthrose (die sogenannte Gonarthrose) oder einen Meniskusschaden.
Bei Kindern ist zudem häufig das Wachstum beeinträchtigt.
X-Beine und O-Beine sind nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Vor allem dann, wenn die Fehlstellung noch nicht stark ausgeprägt ist, ist der Gang oftmals vollkommen unauffällig. Ein Grund mehr, Kinder regelmäßig vom Arzt untersuchen zu lassen, um frühzeitig handeln zu können.
Der Arzt kann verschiedene Messungen vornehmen und die Diagnose mithilfe eines Röntgenbildes bestätigen.
Es ist ratsam, bereits bei Kindern auf etwaige Fehlstellungen zu achten. Nehmen Sie mit Ihrem Kind die regelmäßigen Voruntersuchungen beim Kinderarzt wahr.
Zunächst werden die Fehlstellungen meist nur beobachtet, denn spontane Rückbildungen sind durchaus möglich. In vielen Fällen wird auch mit
- Schuheinlagen,
- Nachtschienen oder
- Physiotherapie
nachgeholfen.
Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, kommt ein operativer Eingriff in Betracht – jedoch erst gegen Ende der Wachstumsphase.
Die Behebung der Fehlstellungen ist wichtig, um langfristige Schäden an den Gelenken, die mit lebenslangen Knieschmerzen verbunden sein können, zu vermeiden. Ohne Therapie kommt es zu einer dauerhaft falschen Gelenkbelastung. Dadurch steigt das Risiko, bereits früh - ab dem 30. Lebensjahr - schwere Arthrosen zu entwickeln.
Ein Beinachsentraining (spezielle Gymnastikübungen) können dazu beitragen, eine Verschlechterung der Fehlstellung zu verhindern. Außerdem dienen sie dazu, Schmerzen und andere Beeinträchtigungen zu reduzieren.
Die Durchführung muss von einem erfahrenen Physiotherapeuten überwacht werden. In der Regel erhält der Patient jedoch auch Anleitungen für Gymnastikübungen, die er zu Hause durchführen kann.
Typische Übungen zum Beinachsentraining sind beispielsweise spezielle Kniebeugen. Dabei wird verstärkt auf die Stellung der Beine geachtet, und sie tragen insbesondere zur Stärkung der Oberschenkelmuskulatur bei.
Auch der Einbeinstand stellt eine einfache Möglichkeit dar, um
- Kraft,
- Koordination und
- Gleichgewicht
zu verbessern. Den Einbeinstand können Sie variieren – zum Beispiel durch die Nutzung einer weichen Unterlage. Am besten führen Sie die Übungen zur Selbstkontrolle vor einem Spiegel durch.
Eine weitere Möglichkeit, X-Beine und O-Beine zu behandeln, besteht in Orthesen. Diese kommen insbesondere bei Erwachsenen zum Einsatz, bei denen versäumt wurde, die Fehlstellung frühzeitig zu korrigieren.
Eine Orthese kann die Fehlstellung nicht beseitigen. Sie kann die Schmerzen durch die effektive Stützung und gleichzeitige Stärkung des Beins aber deutlich reduzieren. Ohne Orthese besteht hingegen die Gefahr, dass sich die Fehlstellung immer weiter verschlimmert.
Daher gilt: Fehlstellungen frühzeitig behandeln lassen! Je früher X-Beine und O-Beine behandelt werden, umso besser stehen die Chancen auf ein weitgehend schmerz- und beschwerdefreies Leben.
Eltern sollten ihre Kinder daher regelmäßig untersuchen lassen.
Bei Erwachsenen können Orthesen die negativen Auswirkungen einer Kniefehlstellung deutlich reduzieren.