Traumazentrum | Spezialisten und Informationen

Schwere Verletzungen nach Verkehrsunfällen und Stürze aus der Höhe sind die häufigsten Gründe für die Einlieferung in ein Traumazentrum.

Deutlich seltener kommen Folgen von Suizidversuchen und Verbrechen als Einlieferungsgrund infrage. 2017 meldeten rund 700 deutsche Kliniken etwa 35.000 Schwerverletzte, 96% davon waren die Folge eines stumpfen Unfallmechanismus ( Verkehrsunfall). Nur etwa 4% kamen zum Beispiel durch einen Messerstich. Weltweit sind 9% der Todesfälle auf Unfälle zurückzuführen, bei den unter 45-Jährigen stellt das Trauma die häufigste Todesursache dar.

Lokale, regionale und überregionale Traumazentren haben alle fachlichen Voraussetzungen, um Patienten mit schweren und schweren Verletzungen zu versorgen.

Artikelübersicht

Traumazentrum - Weitere Informationen

Traumazentren haben eine hohe notfallmedizinische Infrastruktur und besitzen die höchste Versorgungsstufe zur Behandlung von Schwer- und Schwerstverletzten.

Dank eines standardisierten Notfallsystems und der hohen Spezialisierung haben Schwerverletzte in Deutschland die höchsten Überlebenschancen.

Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie zertifiziert diese Fachkliniken.

In einem Traumazentrum arbeiten:

In den größeren (überregionalen) Zentren kommen weitere Facharztkompetenzen hinzu, wie beispielsweise die Neurochirurgie und die Gefäßchirurgie.

Charakteristische Merkmale von Traumazentren

Traumazentren gewährleisten eine optimale Versorgung von Schwer- und Schwerstverletzten. Sie verfügen über mindestens einen Schockraum, der auch Reanimationsraum heißt. Hier erfolgt die Erstversorgung.

Der Schockraum ermöglicht folgende Behandlungen:

  • Vitalfunktionen aufrechterhalten oder wiederhergestellt (Reanimation)
  • Beatmung des Patienten (wenn nötig)
  • Kreislaufstabilisierung im Rahmen des Schock-Managements
  • Durchführung erste bildgebender Untersuchungen (CT, Röntgen, Ultraschall)
  • Durchführung lebensrettender Sofort-Eingriffe

Da die Arbeitsabläufe standardisiert sind, erfolgt die Erstdiagnose und Versorgung in kurzer Zeit.

Diese wertvolle Zeit kann über Leben oder Tod entscheiden, da der Patient früher eine lebensnotwendige Operation erhält.

Lokale, regionale und überregionale Traumazentren sind im TraumaNetzwerk der Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) vernetzt.

Sie unterscheiden sich in der:

  • Anzahl der Schockraum-Plätze
  • Ausstattung
  • Zur Verfügung stehenden Facharztkompetenz und
  • Erfahrung in der Behandlung von komplexen Verletzungsmustern

Folgende Kategorien teilen Traumazentren ein:

Lokale Traumazentren: Sie sind für die flächendeckende Versorgung der häufigsten Einzelverletzungen zuständig. Außerhalb von Ballungszentren übernehmen sie bei Bedarf auch die Erstversorgung von Schwerstverletzten.

Regionale Traumazentren: Sie sind auf die Notfall- und Definitiv-Versorgung von Schwerverletzten spezialisiert. Sie verfügen über ausreichende Intensiv- und Operations-Kapazitäten.

Experten verschiedenster Fachgebiete sind in die Behandlung eingebunden, die apparative Ausstattung ist auf höchstem Niveau.

Überregionale Traumazentren: Sie befinden sich an Kliniken der Maximalversorgung und sind ebenfalls auf die Notfallversorgung von Schwerstverletzten spezialisiert.

Im Gegensatz zu den regionalen Traumazentren haben sie mehr Schockraum-Behandlungsplätze. Die Ärzte verfügen über ein höheres Maß an fachlichen Kompetenzen in der Behandlung von außergewöhnlich komplexen und seltenen Verletzungen.

TraumazentrumEin Traumazentrum kann die Versorgung von schwerverletzten Patienten übernehmen @ Adobe Contributor /AdobeStock

Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie

Um sicherzustellen, dass die Zentren die Voraussetzungen erfüllen, erhalten die Zentren ein Zertifikat von der DGU. Im „Weißbuch Schwerverletzten-Versorgung DGU“ sind die Kriterien dieser Qualitätssicherung dokumentiert.

Die Voraussetzungen beinhalten:

  • Räumliche 
  • Personelle 
  • Fachliche und apparative Kriterien

Die Richtlinien setzen eine personell und organisatorisch einheitliche Versorgung von Schwerverletzten voraus. Auch die Behandlungsabläufe sind standardisiert.

Traumazentren benötigen eine Schockraum-Ausstattung. Es gibt weitere Kriterien zur Verlegung von Schwerverletzten in der Frühphase.

Die Ärzte sind besonders qualifiziert und verpflichten sich zur Teilnahme an zusätzlichen Ausbildungsprogrammen wie ATLS- oder DSCT-Kurse.

Was sind ATLS- und DSTC-Kurse?

Das ATLS-Konzept (Advanced Trauma Life Support) ist eine internationale Fortbildung, bei der Ärzte die standardisierte Erstversorgung von Traumapatienten erlernen.

Dabei trainieren sie den Ernstfall in realitätsnahen Simulationen. Die Ärzte lernen, den Zustand des Patienten schnell und genau zu beurteilen sowie die Verletzungen und Störungen zu behandeln.

Das DSTC-Konzept (Definitive Surgical Trauma Care) beschreibt die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nach der Schockraumversorgung.

MotorradfunfallMotorradunfälle enden meist mit schweren Verletzungen @ AS Photo Family /AdobeStock

In speziellen Weiterbildungskursen lernen Ärzte meist an Körperspendern oder Modellen notfall-chirurgische Techniken, wie beispielsweise:

  • Abdominelle Blutstillung
  • Notfallthorakotomie und
  • Retroperitoneales Packing

Mit solchen Übungen können sie lebensnotwendige Maßnahmen auch bei selteneren Eingriffen sicher, standardisiert und routiniert anwenden.

Welche Verletzungen werden im Traumazentrum behandelt?

Traumazentren behandeln Verletzungen:

  • nach Verkehrsunfällen (Auto, Motorrad, Fahrrad, Fußgänger)
  • nach Stürzen aus der Höhe
  • nach Suizidversuchen und
  • nach einem Gewaltverbrechen (zum Beispiel Stich- und Schusswaffenverletzungen)

Durch diese stumpfen und penetrierenden Unfallmechanismen kommt es teils zu lebensgefährlichen Schäden an:

  • Gliedmaßen
  • Inneren Organen
  • Kopf sowie
  • Brust- (Thorax) und Bauchraum
  • Typische Verletzungsmuster sind:
  • Lungenquetschungen
  • Wirbelsäulenfrakturen und Rückenmarksquetschungen
  • Offene Knochenbrüche
  • Schädel-Hirn-Traumata (Schädelfrakturen und Hirnblutungen)
  • Innere Blutungen

Das häufig auftretende Polytrauma nach einem Verkehrsunfall ist durch Verletzungen an mehreren Körperteilen charakterisiert. Mindestens eine davon ist lebensbedrohlich. Verbrennungen sind als traumatologische Notfälle ebenfalls häufig.

Schädel-Hirn-Trauma

Ein Schädel-Hirn-Trauma tritt oft nach Verkehrsunfällen auf @ bilderzwerg /AdobeStock

Vor dem Traumazentrum steht die Primärversorgung

Die Schwere der Verletzung und die Maßnahmen in der ersten Stunde bestimmten die Prognose des Patienten.

Ärzte müssen Notfallmaßnahmen sehr gezielt anwenden. Noch am Unfallort entscheidet der Notarzt über die weitere Behandlung.

Die Primärversorgung am Unfallort umfasst die Blutstillung und die Versorgung von Verletzungen am Thorax. Auch bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma steht die Stabilisierung der Vitalfunktionen im Vordergrund. Denn es geht auch darum, Sekundärschäden zu vermeiden. 

Ferner sichern die Ärzte Atmung und Kreislauf. Eine geschädigte Hirnzelle ist deutlich empfindlicher gegenüber Sauerstoffmangel als eine gesunde. Deshalb steht die schnelle Schockbekämpfung an erster Stelle.

Im Rahmen der Primärversorgung sind folgende Punkte besonders wichtig:

  • Atemwege freihalten
  • Ausreichendes Sauerstoffangebot
  • Stabilisierung des Kreislaufs
  • Ausgleich des Säure-Basen-Haushalts
  • Stabilisierung von Knochenbrüchen mit Schienen
  • Immobilisierung der Wirbelsäule zum Schutz weiterer Schäden

Traumazentrum: Jede Minute zählt

Schnelligkeit bei der medizinischen Versorgung in hoher Qualität ist in der Notfallmedizin oberstes Gebot. Sie bestimmen über die Überlebenschancen der Unfallopfer. 

Nach der Primärversorgung am Unfallort erfolgt die weitere chirurgische Behandlung in einem Traumazentrum. Denn die Spezialisten sind in der Lage, alle Verletzungen fachgerecht und schnell zu versorgen.

Traumakliniken verfügen daher über Hubschrauberlandeplätze, die Notfallteams rund um die Uhr anfliegen.

Quellen

  • Clausen JD., Winkelmann M., Mommsen P. (2019) Modernes Traumamanagement. In: Engelhardt M., Raschke M. (eds) Orthopädie und Unfallchirurgie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin
  • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (2012) Weißbuch Schwerverletztenversorgung, 2. Aufl. Orthopädie und Unfallchirurgie, Supplement 1. http://www.traumanetzwerk-dgu.de/fileadmin/user_upload/traumanetzwerk-dgu.de/docs/20_07_2012_Weissbuch_DGU_Schwerverletztenversorgung_2.erweiterte_Auflage_01.pdf
  • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie et al. (2016) Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. S3-Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 012-019. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/012-019l_S3_Polytrauma_Schwerverletzten-Behandlung_2017-08.pdf
  • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (2018) Jahresbericht 2018 - TraumaRegister DGU für den Zeitraum 2017. http://www.traumaregister-dgu.de/fileadmin/user_upload/traumaregister-dgu.de/docs/Downloads/TR-DGU-Jahresbericht_2018.pdf
  • TraumaNetzwerk DGU. TraumaZentrum. http://www.traumanetzwerk-dgu.de/de/auditierung_zertifizierung/traumazentrum.html
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