Zertifizierung als Interdisziplinäres Gefäßzentrum durch die DGA, DGG und DRG

05.08.2024
Leading Medicine Guide Redaktion
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Leading Medicine Guide Redaktion

Gefäßzentren Logo 2Was ist ein zertifiziertes Gefäßzentrum?

Eine medizinische Einrichtung, die auf die Diagnose und Behandlung von Gefäßerkrankungen spezialisiert ist und im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens ihre hohe fachliche Expertise und Qualität auf diesem Gebiet nachgewiesen hat, darf sich als zertifiziertes Gefäßzentrum bezeichnen. Die Zertifizierung von Gefäßzentren wird gemeinsam von

angeboten. Das Evaluierungs- und Zertifizierungsverfahren von Gefäßzentren wird im Auftrag dieser drei Fachgesellschaften durch die Private Akademie Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie gGmbH durchgeführt.

Eine Zertifizierung als Gefäßzentrum erhalten nur jene medizinischen Einrichtungen, die die von der DGA, der DGG und der DRG definierten Qualitätskriterien und Anforderungen erfüllen und erfolgreich das Zertifizierungsverfahren durchlaufen haben. Der Anforderungskatalog für zertifizierte Gefäßzentren umfasst insgesamt 22 Kriteriengruppen, in deren Mittelpunkt personelle, apparative und therapeutische Standards stehen. Wichtige Zertifizierungskriterien für Gefäßzentren sind unter anderem Mindestmengen von Behandlungsfällen, eine funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Fachbereiche, die Teilnahme an qualitätssichernden Maßnahmen, das Vorliegen von Weiterbildungsermächtigungen und die Mitgliedschaft in den jeweiligen Fachgesellschaften. Darüber hinaus müssen in Gefäßzentren genügend Fachärzte der beteiligten Fachbereiche tätig sein.

Welche Fachbereiche sind an einem Gefäßzentrum beteiligt?

Die Interdisziplinarität stellt ein weiteres wichtiges Kriterium für die Zertifizierung als Gefäßzentrum dar. Die verschiedenen Fachbereiche, die an der Diagnostik und Therapie von Gefäßerkrankungen beteiligt sind, müssen also in einem zertifizierten Gefäßzentrum konstruktiv und interdisziplinär zusammenarbeiten. Zu den Fachabteilungen, die in jedem Fall an einem Gefäßzentrum beteiligt sein müssen, gehören die Gefäßchirurgie, die Radiologie und die Angiologie. Darüber hinaus muss in Gefäßzentren eine strukturierte Kooperation mit weiteren Fachdisziplinen, darunter beispielsweise die Kardiologie, die Neurologie, die Anästhesie, die Nephrologie, die Phlebologie und die Diabetologie, erfolgen.

Hintergrundinformationen zu Gefäßerkrankungen

Unter dem Begriff Gefäßerkrankungen werden sämtliche Erkrankungen der Blutgefäße, sprich der Arterien und Venen, sowie der Lymphgefäße zusammengefasst. Häufige arterielle Gefäßerkrankungen sind die Arteriosklerose, die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) und das diabetische Fußsyndrom. Zu den venösen Erkrankungen, die häufig in Gefäßzentren zu behandeln sind, gehören die Thrombose, die chronisch venöse Insuffizienz und das Krampfaderleiden (Varikosis). Die häufigste Erkrankung der Lymphgefäße ist das Lymphödem. Zur Diagnose und Therapie von Gefäßerkrankungen stehen zahlreiche bildgebende Verfahren und interventionelle Behandlungsverfahren zur Verfügung, die sich in den letzten Jahren immer weiterentwickelt haben. 

Da davon auszugehen ist, dass die Diagnostik und Therapie von Gefäßerkrankungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewinnen wird und immer mehr polymorbide Patienten zu behandeln sein werden, werden interdisziplinäre Behandlungsansätze immer wichtiger. Fachübergreifende Diagnose- und Therapiekonzepte für Gefäßerkrankungen, etwa durch die Zusammenarbeit der diagnostischen und interventionellen Radiologie mit den Fachgebieten Gefäßchirurgie und Angiologie, können dabei am besten in Gefäßzentren umgesetzt werden.

Ziele von zertifizierten Gefäßzentren

Das Hauptziel der Zertifizierung von Gefäßzentren durch die DGA, die DGG und die DRG besteht darin, die verschiedenen beteiligten Fachdisziplinen zur gemeinsamen Diagnostik und Therapie von Gefäßerkrankungen in einem interdisziplinären Zentrum zusammenzuführen. Dadurch kann die Qualität der Versorgung von Patienten mit Gefäßerkrankungen verbessert und gesichert werden. Denn die Behandlungsabläufe können in einem Gefäßzentrum ganzheitlich auf die Bedürfnisse der Patienten ausgerichtet werden. Die Verbindungen zwischen der ambulanten und stationären Versorgung werden gestärkt, die Abläufe werden noch klarer strukturiert und die Verantwortlichkeiten werden eindeutig zugewiesen.

Ein weiteres Ziel von zertifizierten Gefäßzentren ist es zudem, mit anderen klinischen und vertragsähnlichen Einheiten eine regionale Vernetzung mit einem einheitlichen Qualitätsmanagement-System zu bilden. Dadurch können die Kommunikation, die Beratung und die Betreuung von Patienten verbessert werden und Doppeluntersuchungen und Mehrfacheinweisungen können vermieden werden.

Daneben kann das Zertifikat als Gefäßzentrum auch als Kommunikationsinstrument gegenüber der Fachöffentlichkeit und der Gesellschaft eingesetzt werden. An der erteilten Zertifizierung als Gefäßzentrum können nämlich sowohl überweisende Ärzte als auch Patienten und deren Angehörige erkennen, dass es sich nachgewiesenermaßen um eine Einrichtung handelt, die zu den Spezialisten auf dem Gebiet der Diagnose und Therapie von Gefäßerkrankungen gehört. Sie können sich also sicher sein, dass Patienten in einem Gefäßzentrum auf einem qualitativ hohen Niveau versorgt werden.

Zertifizierung von Gefäßzentren

Eine medizinische Einrichtung, die sich als Gefäßzentrum zertifizieren lassen möchte, muss zunächst einen schriftlichen Antrag bei der Privaten Akademie Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie gGmbH stellen. Diese wurde von der DGA, der DGG und der DRG beauftragt, die Anträge zu koordinieren, um eine einheitliche Bearbeitung der Anträge zu erreichen. Das zu zertifizierende Gefäßzentrum kann dabei wählen, ob es durch alle drei Fachgesellschaften, durch zwei Fachgesellschaften oder nur durch eine Fachgesellschaft zertifiziert werden möchte, sprich ob es eine „Dreier-Zertifizierung“, eine „Zweier-zertifizierung“ oder eine „Einer-Zertifizierung“ anstrebt.

Nach dem Eingang des schriftlichen Antrags werden die Antragsunterlagen von der privaten Akademie Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie gGmbH gesichtet und anschließend an die zuständige Zertifizierungskommission weitergeleitet. Im nächsten Schritt erfolgt vor Ort in dem zu zertifizierenden Gefäßzentrum ein Audit durch die Mitglieder der Zertifizierungskommision, bei dem die Erfüllung der Qualitätskriterien überprüft wird. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Audits und des Zertifizierungsverfahren wird der Einrichtung schließlich das Zertifikat als Gefäßzentrum von der Privaten Akademie der DGG zugesandt. Diese Erst-Zertifizierung als Gefäßzentrum ist drei Jahre gültig. Nach drei Jahren erfolgt eine Re-Zertifizierung.

Kriterien für eine Zertifizierung als Gefäßzentrum

Die Kriterien für eine „Dreier-Zertifizierung“ als Gefäßzentrum durch alle drei Fachgesellschaften betreffen die Anzahl der Behandlungsfälle, die Anzahl der Therapien von arteriellen und venösen Erkrankungen, die Anzahl der Operationen und Interventionen, die invasive und nicht-invasive apparative Diagnostik, die Qualitätssicherung, das Vorhandensein von Weiterbildungsermächtigungen, das Vorhandensein von qualifizierten Fachärzten und die Mitgliedschaft in den jeweiligen Fachgesellschaften.

Anzahl der Behandlungsfälle, die zertifizierte Gefäßzentren vorweisen müssen:

  • Behandlung (ambulant und stationär) von jährlich mehr als 800 Patienten mit Gefäßerkrankungen; bei mehr als 600 dieser Patienten muss es sich um Fälle von arteriellen Gefäßerkrankungen handeln
  • Behandlung von jährlich mehr als 150 Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit oder diabetischem Fußsyndrom; bei mehr als 50 dieser Patienten muss eine kritische Extremitätenischämie behandelt werden
  • Behandlung von jährlich mehr als 75 Patienten mit Phlebothromose, chronisch venöser Insuffizienz oder Lymphödem
  • Behandlung von jährlich mehr als 5 Patienten mit entzündlichen Gefäßerkrankungen
  • Strukturiertes Management kardiovaskulärer Risikofaktoren und Rehabilitation bei Gefäßerkrankungen

Invasive und nicht-invasive apparative Diagnostik, die zertifizierte Gefäßzentren anbieten müssen:

  • CT
  • MRT
  • i.a. Angiographie (D S A)
  • Phlebographie
  • periphere Dopplersonographie
  • Duplexsonographie der extrakraniellen, abdominellen und peripheren Arterien und Venen
  • Laufbandergometrie
  • funktionelle Gefäßdiagnostik (z.B. Kapillarmikroskopie, Oszillographie, TCPO2)

Anzahl der operativen Behandlungen und Interventionen, die zertifizierte Gefäßzentren vorweisen müssen:

  • Durchführung von mehr als 200 offenen arteriellen Rekonstruktionen pro Jahr; mehr als 30 dieser OPs müssen an der A. carotis stattfinden, mehr als 20 dieser OPs müssen der Ausschaltung von Aortenaneurysmen dienen und bei mehr als 20 dieser OPs muss es sich um kruale Rekonstruktionen handeln
  • Durchführung von jährlich mehr als 100 Operationen an den Venen
  • Durchführung von mehr als 100 PTAs und/oder Stent-Implantationen pro Jahr
  • Durchführung von mehr als 10 lokalen Thrombolyse-Therapien und oder mechanischen Thrombektomien pro Jahr
  • Möglichkeiten zur Durchführung perkutaner gefäßverschließender Maßnahmen an Arterien

Qualitätssicherungsmaßnahmen, die zertifizierte Gefäßzentren nachweisen müssen:

  • Teilnahme am Qualitätssicherungsprogramm der DeGIR (Deutsche Gesellschaft für interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie)
  • Teilnahme an den von den Landesbehörden vorgeschriebenen QS-Modulen
  • Teilnahme an den Qualitätssicherungsprojekten der der DGG und der DGA
  • Regelmäßige Durchführung von Mortalitäts- und Morbiditäts-Konferenzen
  • Schriftliche Leitlinien für die wichtigsten Gefäßerkrankungen
  • Systematische Erfassung der Ergebnisqualität am Ende des klinischen Aufenthalts
  • Systematische Erfassung und Auswertung von medizinischen Strahlenexpositionsdaten bei Gefäßpatienten

Weiterbildungsermächtigungen, die zertifizierte Gefäßzentren besitzen müssen:

(Teil- oder) vollständige Weiterbildungsermächtigung für Gefäßchirurgie, Radiologie, und Angiologie (ggf. Ausnahme bei fehlendem FA für Angiologie)

Organisationsmerkmale, die zertifizierte Gefäßzentren nachweisen müssen:

  • Sicherstellung einer lückenlosen „Rund um die Uhr-Betreuung“ aller Gefäßpatienten durch Bereitschafts- und/oder Rufdienste
  • Angebot von Präventionsprogrammen
  • Verwendung eines gemeinsamen Dokumentationssystems
  • Durchführung interdisziplinärer Gefäßkonferenzen mindestens einmal in der Woche, in denen entscheidungsbefugte Fachärzte vertreten sind
  • Durchführung strukturierter interner und externer Fortbildungsmaßnahmen

Anzahl von Fachärzten, die in zertifizierten Gefäßzentren tätig sein müssen:

  • Mindestens 3 Fachärzte für Gefäßchirurgie
  • Mindestens 3 Fachärzte für Radiologie
  • Mindestens 2 Fachärzte für Angiologie
  • Mindestens 3 Fachärzte mit interventioneller Expertise

Mitgliedschaft in den Fachgesellschaften:

Die verantwortlichen Ärzte in zertifizierten Gefäßzentren müssen Mitglieder ihrer jeweiligen Fachgesellschaften sein.

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