Morbus Ahlbäck: Infos & Morbus Ahlbäck-Spezialisten finden

06.08.2024
Prof. Dr. med. Susanne Regus
Medizinische Fachautorin

Als Morbus Ahlbäck bezeichnet man einen spontane Abbau von Knochengewebe im unteren Bereich des Oberschenkelknochens (Femur). Meistens sind ältere Menschen ab dem 60. Lebensjahr betroffen. Unbehandelt kann es zu einbrechenden Knochen und weiteren Symptomen kommen.

Hier finden Sie alle wichtigen Informationen sowie qualifizierte Morbus-Ahlbäck-Spezialisten.

ICD-Codes für diese Krankheit: M87.06

Kurzübersicht:

  • Was ist Morbus Ahlbäck? Ein spontaner Abbau von Knochengewebe im unteren Bereich des Oberschenkelknochens. Die Beschwerden ähneln denen einer Kniearthrose. Die Erkrankung betrifft vor allem ältere Menschen ab 60 Jahren.
  • Ursachen & Risikofaktoren: Eine Durchblutungsstörung wird als Ursache vermutet. Risikofaktoren sind Stoffwechselerkrankungen, Tumorerkrankungen, Beinfehlstellungen und Meniskusschäden.
  • Symptome: Plötzlich auftretende Schmerzen auf der Innenseite des Kniegelenks, Gelenkerguss mit Bewegungseinschränkungen, eine zunehmende O-Bein-Stellung.
  • Diagnose: Eine körperliche Untersuchung steht am Anfang der Diagnostik. Fortgeschrittene Stadien zeigen sich erst später im Röntgenbild, eine MRT kann aber auch frühe Formen darstellen. Ergänzend kann eine Knochenszintigraphie zum Einsatz kommen.
  • Konservative Behandlung: In manchen Fällen heilt die Erkrankung von selbst bzw. schreitet nicht weiter fort. Hier reicht dann eine konservative Therapie mit orthopädischen Schuheinlagen, Physiotherapie und Medikamenten.
  • Operative Behandlung: Schreitet die Erkrankung fort, können verschiedene chirurgische Verfahren zum Einsatz kommen. Gelegentliche ist eine gelenkerhaltende OP möglich. In schweren Fällen ist eine Knieteil- oder Knietotalendoprothese erforderlich.
  • Nachbehandlung: Auf die OP folgt eine Physiotherapie.
  • Prognose: Der Behandlungserfolg hängt vom Alter des Patienten, dem Erkrankungsstadium und der Therapie ab. Die Prognose ist meistens, auch bei einer OP, gut. Die Ausheilung kann aber einige Zeit in Anspruch nehmen.

Artikelübersicht

Was genau ist der Morbus Ahlbäck?

Der Oberschenkelknochen (Femur) verbreitert sich zum Knie hin zu einem Fortsatz, welcher als Femurrollen oder auch Femurkondylen bezeichnet wird. Dieser ist an der Innen- und Außenseite mit Gelenkknorpel überzogen und bildet einen wichtigen Teil des Kniegelenks. Stirbt an der zur Körpermitte zeigenden, innenseitigen Femurrolle Knochengewebe ab, sprechen Mediziner von einer Knochennekrose.

Die Erkrankung wird nach ihrem Erstbeschreiber auch als Morbus Ahlbäck bezeichnet. Der schwedische Radiologe Sven Ahlbäck hat 1968 die typischen Knochenveränderungen und -nekrosen beschrieben.

Wie entsteht ein Morbus Ahlbäck?

Beim Morbus Ahlbäck handelt sich um eine sogenannte aseptische Knochennekrose, da das Absterben des Knochengewebes nicht durch eine Infektion ausgelöst wird.

Die Gründe für den Gewebeuntergang sind bislang nicht geklärt, es wird aber eine Durchblutungsstörung als Ursache vermutet. Infolge der gestörten Durchblutung kann das Knochengewebe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden und stirbt ab. 

Was sind begünstigende Faktoren (Risikofaktoren) für einen Morbus Ahlbäck?

Allgemein gehen Erkrankungen, die zu einem gestörten Knochenstoffwechsel führen können, mit einem erhöhten Risiko der Entwicklung eines Morbus Ahlbäck einher. Die Erkrankung tritt vorwiegend nach dem 60. Lebensjahr auf, da mit zunehmendem Lebensalter der Stoffwechsel insgesamt und auch in Bezug auf den Knochen reduziert wird.

Aber auch Erkrankungen, die zu einer außergewöhnlichen Belastung der Knochen- und Gelenkstrukturen führen, erhöhen die Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung von Knochennekrosen. Letztlich sind auch Unfallereignisse als ursächlich für einen Morbus Ahlbäck zu nennen.

Zusammengefasst gibt es folgende begünstigende Faktoren:

Oberschenkelknochen (Femur)
Die Femurrollen sind verbreiterte Knochenfortsätze am unteren Ende der Oberschenkelknochen © CLIPAREA.com | AdobeStock

Welche Beschwerden sind typisch für einen Morbus Ahlbäck?

Der Morbus Ahlbäck ist durch folgende Beschwerden gekennzeichnet:

  • Schmerzen auf der Innenseite des Kniegelenks
  • Schwellung des Kniegelenks
  • Kniegelenkserguss mit Bewegungseinschränkung
  • zunehmende O-Bein-Stellung (Varusdeformität) mit Fortschreiten der Erkrankung

Die Erkrankung zeigt sich typischerweise anhand plötzlich auftretender Schmerzen. Sie treten im vorderen und zur Körpermitte hin liegenden Bereich des Kniegelenks auf. Meistens verstärken sie sich unter Belastung. Je nach Ausdehnung des betroffenen Knochenbereichs sind die Beschwerden leicht bis sehr stark ausgeprägt.

Auch der weitere Verlauf kann sehr unterschiedlich sein. Ist beispielsweise lediglich ein kleiner Bereich betroffen, beruhigt sich das Gelenk nach einer schmerzhaften Akutphase oftmals wieder.

Mit Fortschreiten der Erkrankung kann es aber passieren, dass das absterbende Knochengewebe bricht. Dies wird auch als pathologische Fraktur bezeichnet, da es zu Knochenbrüchen ohne Unfallereignis kommt. Zurückzuführen sind diese Knochenbrüche auf die verminderte Stabilität des Knochens.

Langfristig gehen diese Knocheneinbrüche mit einer zunehmenden Fehlstellung (Deformierung) der oberen Gelenkflächen einher. Diese führen wiederum zu Haltungsfehlern und können in ausgeprägten Fällen zu einer Beeinträchtigung der gesamten Körperachse führen.

Darüber hinaus entwickeln sich oft Gelenkergüsse, die zu Schwellungen und Bewegungseinschränkungen im betroffenen Kniegelenk führen.

Wie wird ein Morbus Ahlbäck diagnostiziert?

Zunächst wird im Rahmen der körperlichen Untersuchung das Kniegelenk abgetastet und verschiedene Funktionstest durchgeführt. Beim Vorliegen eines Morbus Ahlbäck haben Patienten im inneren Kniegelenksbereich Schmerzen. Diese verstärken sich bei Druck- und Drehbewegungen, was durch spezielle Tests genauer untersucht werden kann.

Im fortgeschrittenen Stadium kann der knöcherne Defekt anhand eines Röntgenbilds bildlich dargestellt werden. Frühe Stadien sind dagegen auch mithilfe einer Kernspintomographie (MRT) feststellbar. Mittels MRT lässt sich auch die Ausdehnung des Gewebeuntergangs genau beurteilen.

Ergänzend kann zudem eine Knochenszintigraphie zum Einsatz kommen. Hierbei wird dem Patienten eine radioaktive Substanz in eine Vene gespritzt. Diese lagert sich anschließend in Knochenbereichen mit hoher Stoffwechselaktivität (u. a. krankhaft verändertes Knochengewebe) an.

Wenige Stunden nach der Injektion wird der Körper mithilfe einer speziellen Kamera abgetastet und die Verteilung der injizierten Substanz erfasst. Durch die Anlagerung in den Bereichen mit verändertem Knochenstoffwechsel kann ein Morbus Ahlbäck bereits früh diagnostiziert und dessen genaues Ausmaß beurteilt werden.

Wie wird ein Morbus Ahlbäck behandelt?

Beim Morbus Ahlbäck gibt es mehrere Therapie-Möglichkeiten, insbesondere

  • nichtoperative (= konservative) und 
  • operative Behandlungsmethoden. 

Nichtoperative Behandlung bei Erkrankungsstillstand

Schreitet ein Morbus Ahlbäck nicht voran, genügt in aller Regel eine konservative Therapie. Sie zielt vor allem auf die Schonung des betroffenen Beins durch Stützen und Sportverzicht ab.

Bei Beinfehlstellungen (O- bzw. X-Bein) kommt eine Anpassung der Schuhe mit Erhöhung des äußeren Rands zum Einsatz. Das kann die Kniefehlstellung korrigieren und das Knie entlasten.

Darüber hinaus empfehlen sich physiotherapeutische Maßnahmen

  • zum Erhalt der Mobilität des Kniegelenks und
  • zur Stärkung der Beinmuskulatur.

Zur Verbesserung der Durchblutung und Schmerzminderung kann zusätzlich eine hyperbare Sauerstofftherapie (HBO-Therapie) dienen. Knochenaufbauende Medikamente (u. a. Biphosphonate) können den Wiederaufbau und die Stabilisierung des betroffenen Knochengewebes zusätzlich fördern.

Gelenkerhaltende Operation bei Erkrankungsstillstand

Zum operativen Erhalt des Gelenks können verschiedene chirurgische Verfahren zum Einsatz kommen. Eine Option ist das Anbohren des betroffenen Knochengewebes (Entlastungsbohrung). Das kann das Knochengewebe zur Selbstheilung anregen.

Eine weitere Methode stellt die Transplantation von gesundem Knochengewebe aus einem anderen Körperbereich dar. Hierfür wird Spongiosa verwendet, worunter man die im Inneren eines Knochens liegenden lockeren Knochenstrukturen versteht. Diese lassen sich einfach entnehmen, bevorzugt vom Beckenkamm. Dieses Vorgehen wird Spongiosatransplantation genannt, womit sich das zerstörte Gewebe ersetzen läßt.

Zur Entlastung des von der Nekrose betroffenen Bereichs kann die Position von Oberschenkelknochen und Schienbein zueinander verändert werden. Hierbei wird der Knochen durchtrennt und anschließend die veränderte Stellung wieder stabilisiert. Dies erfolgt meist mit Platten und Schrauben, welche außen auf den Knochen aufgebracht und fixiert werden. Dieses Vorgehen nennt sich Umstellungsosteotomie, da der Knochen (Osteo-) durchtrennt (-tomie) und in veränderter Stellung (Umstellung) wieder stabilisiert wird.

Wie wird ein fortgeschrittener Morbus Ahlbäck behandelt?

Bei etwa jedem fünften der Betroffenen schreitet ein Morbus Ahlbäck voran und die nekrotischen Knochenareale brechen ein. In diesen Fällen wird eine Entfernung des betroffenen Knochenbereichs und Einsatz einer Knieteilprothese bzw. Knietotalprothese empfohlen. Diese Maßnahme unterbindet das weitere Fortschreiten des Gewebeuntergangs.

Knieschmerzen
Morbus Ahlbäck verursacht Knieschmerzen © westfotos.de / Fotolia

Wie sieht die postoperative Behandlung eines Morbus Ahlbäck aus?

Nach jedem chirurgischen Eingriff sollte eine Physiotherapie durchgeführt werden. Im Rahmen dieser Therapie wird das Kniegelenk schrittweise immer stärker belastet, bis wieder eine normale Alltagsbelastung möglich ist.

Zudem wird durch spezielle Übungen die das Kniegelenk stabilisierende Beinmuskulatur trainiert.

Kann ein Morbus Ahlbäck vollständig ausheilen?

Die Prognose des Morbus Ahlbäck ist

  • vom Alter des Patienten
  • dem Fortschreiten der Erkrankung und
  • der Wahl der Behandlung

abhängig. In frühen Erkrankungsstadien können bei etwa ¼ der Patienten Spontanheilungen beobachtet werden. Mit Verbesserung der Durchblutungssituation bildet sich neues Knorpelgewebe und die Schmerzen gehen zurück.

Bei 3 von 4 Patienten schreitet der Untergang des Knochengewebes allerdings voran. Das führt unbehandelt zu zunehmenden Schmerzen und einer Kniearthrose. Abhilfe kann dann allerdings oft nur noch durch einen künstlichen Gelenkersatz erfolgen. Die Prognose ist in aller Regel gut, der Heilungsverlauf kann allerdings langwierig sein und in Schüben verlaufen. Das Risiko, das Bein zu verlieren, ist dennoch als sehr gering zu betrachten.

Orthopäden – Spezialisten für Morbus Alhbäck

Bei Verdacht auf Morbus Ahlbäck sollten Sie einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie aufsuchen. Dieser hat sich nach seinem Medizinstudium in einer 6-jährigen Ausbildung auf die Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparats, also auch des Kniegelenks spezialisiert.

Orthopäden sind Experten für die Gelenkstrukturen des Knies, also

  • Knochen,
  • Muskeln,
  • Sehnen und
  • Knorpel.
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